Veröffentlicht am März 15, 2024

Entgegen der Annahme ist die wahre Wildnis in Deutschland nicht in der Ferne zu finden, sondern im Wissen um die richtigen Momente, Regeln und Wahrnehmungen.

  • Die Wahl unkonventioneller Zeitfenster, wie ein Dienstag im November, reduziert Besucherzahlen drastisch.
  • Das Verständnis für die Naturgesetze (wie Verrottungszeiten) und rechtliche Rahmenbedingungen (wie Biwak-Regeln) ist der Schlüssel zu exklusiven Erlebnissen.
  • Die Konzentration auf sensorische Erfahrungen wie Waldbaden oder Nachtwanderungen intensiviert das Wildnisgefühl selbst in bekannten Gebieten.

Empfehlung: Verändern Sie nicht nur Ihren Wanderort, sondern Ihre Perspektive, um die verborgene Stille der deutschen Nationalparks wirklich zu erleben.

Die Sehnsucht nach unberührter Natur treibt uns hinaus, doch oft finden wir uns auf den Wegen der Sächsischen Schweiz oder des Bayerischen Waldes in genau dem wieder, dem wir entfliehen wollten: einer Menschenmenge. Jeder teilt die gleichen Fotos von den gleichen Aussichtspunkten, zur gleichen Zeit. Die üblichen Ratschläge – früh aufstehen, unter der Woche wandern – sind bekannt, doch sie kratzen nur an der Oberfläche des Problems. Sie führen zu einem kurzen Vorsprung, aber nicht zu wahrer, tiefer Stille.

Was wäre, wenn das Geheimnis nicht darin liegt, den Massen immer einen Schritt voraus zu sein, sondern sich in eine völlig andere Dimension des Naturerlebens zu begeben? Dieser Artikel geht über die altbekannten Tipps hinaus. Er ist eine Einladung, die Rhythmen der Natur, die subtilen Regeln des Waldes und die Kraft der eigenen Wahrnehmung als Kompass zu nutzen. Wir werden nicht nur fragen, *wann* der beste Zeitpunkt ist, sondern *warum* ein bestimmter Moment Magie entfaltet. Wir werden erkunden, wie rechtliche Kenntnisse nicht einschränken, sondern neue Türen zu exklusiven Erfahrungen öffnen.

Es geht darum, eine tiefere Verbindung aufzubauen, die über das bloße „Besuchen“ eines Ortes hinausgeht. Es ist eine Annäherung an die Wildnis, die mit Respekt und Wissen beginnt. So verwandelt sich eine überlaufene Touristenattraktion in Ihren persönlichen Rückzugsort. Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, wie Sie die Perspektive wechseln, um die Stille zu finden, die schon immer da war – verborgen vor den Augen der Vielen.

Um Ihnen den Weg zu diesem tieferen Naturerlebnis zu ebnen, haben wir die wichtigsten Erkenntnisse und Strategien in diesem Artikel für Sie strukturiert. Der folgende Überblick führt Sie durch die Geheimnisse, wie Sie Deutschlands schönste Landschaften in fast völliger Einsamkeit genießen können.

Warum der Dienstag im November der beste Tag für den Königssee ist

Die Vorstellung, den smaragdgrünen Königssee ohne Hunderte anderer Besucher zu erleben, scheint fast unmöglich. Doch das Geheimnis liegt in einer radikalen Abkehr von der Norm. Während sich die Massen in den Sommermonaten drängen, entfaltet der See in der Nebensaison, speziell an einem Wochentag im November, seine wahre, mystische Atmosphäre. Es geht nicht nur darum, die Hauptsaison zu meiden, sondern das Zeitfenster mit der größtmöglichen Wirkung zu wählen. Die kalte, klare Luft, der oft aufsteigende Nebel über dem Wasser und die Stille, die nur vom Echo des Flügelhorns durchbrochen wird, schaffen ein unvergessliches Erlebnis.

Die Zahlen belegen dieses Phänomen eindrücklich. Eine Analyse der Besucherdaten zeigt die extremen Unterschiede: Während im Juli eines Vor-Corona-Jahres allein am Großparkplatz rund 54.000 parkende Fahrzeuge gezählt wurden, herrscht im November eine fast surreale Leere. Die Infrastruktur, die im Sommer mit voller Kapazität läuft, wie die Bayerische Seenschifffahrt mit ihren 50 Mitarbeitern in der Hochsaison, fährt in der „staden Zeit“ auf ein Minimum zurück. Dies ist kein Nachteil, sondern Ihr Vorteil: weniger Boote, weniger Menschen, mehr Natur.

Diese Zeitfenster-Intelligenz ist der erste Schritt zur Eroberung der Stille. Sie erfordert Mut, sich gegen die Konvention des „schönen Wetters“ zu entscheiden und stattdessen die dramatische Schönheit der Nebensaison zu umarmen. Die Belohnung ist ein fast privater Zugang zu einem der ikonischsten Orte Deutschlands. Naturfotografen finden hier ein Licht und eine Stimmung, die im Sommer unauffindbar sind, und Wanderer erleben eine meditative Ruhe, die durch kein Postkartenmotiv zu ersetzen ist.

Die Wahl eines solchen Moments ist mehr als nur ein praktischer Tipp; es ist eine bewusste Entscheidung für ein tieferes, persönlicheres Naturerlebnis.

Leave No Trace: Warum Ihre Bananenschale nichts im Wald zu suchen hat

Wahre Naturverbundenheit zeigt sich nicht nur in der Wahl des Weges, sondern im Respekt, den wir dem Ökosystem entgegenbringen. Ein zentraler Grundsatz lautet: „Hinterlasse keine Spuren“. Viele glauben, dass organische Abfälle wie eine Bananenschale oder ein Apfelrest unproblematisch sind, da sie „natürlich“ sind. Doch dies ist ein gefährlicher Trugschluss, der dem sensiblen Gleichgewicht des Waldes schadet. Einheimische Tiere werden durch fremde Nahrungsquellen in ihrem Verhalten gestört, und der Zersetzungsprozess ist weitaus langwieriger, als die meisten annehmen.

Die Vorstellung, dass organisches Material schnell verschwindet, ignoriert die spezifischen Bedingungen des Waldbodens. In den sauren Böden deutscher Wälder verläuft der Abbauprozess sehr langsam. Experten des Nationalparks Sächsische Schweiz bestätigen, dass es 1-3 Jahre für eine Bananenschale dauern kann, bis sie vollständig zersetzt ist. In dieser Zeit stellt sie nicht nur einen unschönen Anblick dar, sondern kann auch die lokale Flora und Fauna negativ beeinflussen. Das Prinzip von Leave No Trace bedeutet daher, ausnahmslos alles, was man mit in den Wald bringt, auch wieder mit hinauszunehmen.

Makroaufnahme von Waldbodenorganismen die organisches Material zersetzen

Wie dieses Bild des Waldbodens andeutet, ist der Wald ein komplexes System, in dem unzählige Mikroorganismen am Werk sind. Die Einführung fremder Substanzen stört diese filigranen Prozesse. Es ist ein Akt der Demut und des Wissens, zu verstehen, dass unsere Anwesenheit so spurlos wie möglich bleiben sollte. Dieser Respekt ist die Grundlage für das Privileg, echte Wildnis erleben zu dürfen. Es ist die stille Übereinkunft zwischen dem Wanderer und dem Wald, seine Unberührtheit für alle zu bewahren, die nach uns kommen.

Jeder verantwortungsbewusste Naturfreund trägt diese Verantwortung in seinem Rucksack – indem er seinen Müll wieder mit nach Hause nimmt.

Wie fangen Sie das ‚Alpenglühen‘ ein, ohne dass Instagram-Filter nötig sind?

Für Naturfotografen ist das Alpenglühen der heilige Gral – jener flüchtige Moment, in dem die Berggipfel in einem fast übernatürlichen Rot erstrahlen, lange nachdem die Sonne untergegangen ist. In der Ära der digitalen Bildbearbeitung ist die Versuchung groß, dieses Phänomen künstlich zu verstärken. Doch der wahre Meister zeigt sich darin, die Authentizität des Moments einzufangen. Das Geheimnis liegt nicht in Filtern, sondern in der technischen Vorbereitung und dem tiefen Verständnis für das Licht. Es geht darum, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und die Kamera so einzustellen, dass sie die Realität naturgetreu abbildet.

Die Jagd nach dem perfekten Alpenglühen-Foto erfordert Präzision. Es ist eine Kombination aus Planung und technischem Know-how. Wetter-Apps helfen bei der Vorhersage klarer Sicht, und topografische Karten zeigen, welche Gipfel vom letzten Licht getroffen werden. Doch die entscheidenden Parameter stellen Sie an Ihrer Kamera ein. Der Schlüssel liegt darin, die warmen Töne des Lichts natürlich zu betonen, ohne das Bild zu verfälschen. Ein höherer Kelvin-Wert beim Weißabgleich, eine geschlossene Blende für maximale Schärfe und ein niedriger ISO-Wert zur Vermeidung von Bildrauschen sind die Grundlagen für ein authentisches Meisterwerk.

Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Einstellungen zusammen, um das Alpenglühen so einzufangen, wie es das Auge sieht – voller Magie und ohne künstliche Nachhilfe.

Kameraeinstellungen für authentisches Alpenglühen
Einstellung Empfohlener Wert Effekt
Weißabgleich 7000-8000K Verstärkt warme Rottöne natürlich
ISO 100-400 Minimales Rauschen
Blende f/8-f/11 Optimale Schärfe
Belichtungszeit 1/125s-1/250s Keine Bewegungsunschärfe

Am Ende ist das beste Bild nicht das, was die meisten Likes bekommt, sondern das, welches die ehrfürchtige Stille und die wahren Farben dieses einzigartigen Naturschauspiels bewahrt.

Wann lohnt sich der Ranger-Guide, um Tiere zu sehen, die Sie allein verpassen?

Die deutschen Nationalparks sind voller Leben, doch die meisten Tiere sind Meister der Tarnung. Als Wanderer sehen wir oft nur einen Bruchteil der tatsächlichen Vielfalt. Wir hören ein Rascheln im Unterholz oder sehen einen Vogel in der Ferne, aber die wahren Geheimnisse des Waldes bleiben uns verborgen. Hier kommt das Ranger-Wissen ins Spiel. Einen Ranger zu engagieren ist mehr als nur eine geführte Tour; es ist der Schlüssel zu einer verborgenen Welt. Diese Experten lesen die Spuren, kennen die Gewohnheiten der Tiere und wissen genau, wo und wann die Chancen auf eine Sichtung am höchsten sind.

Allein im Elbsandsteingebirge gibt es eine erstaunliche Biodiversität. Der Nationalpark Sächsische Schweiz beherbergt über 250 verschiedene Vogelarten, von denen der Laie vielleicht eine Handvoll erkennt. Ein Ranger hingegen erkennt sie am Gesang, kennt ihre Nistplätze und ihre Flugrouten. Er kann Sie zu Orten führen, an denen Gämsen in den tieferen Lagen grasen, oder auf die subtilen Zeichen hinweisen, die die Anwesenheit eines Luchses verraten. Es ist die Differenz zwischen dem Betrachten einer Landschaft und dem Verstehen des Lebens darin.

Die Expertise der Ranger wurzelt in jahrelanger, oft jahrzehntelanger Beobachtung. Joachim Thalmann, der 34 Jahre als Nationalparkrevierleiter tätig war, beschreibt die Entwicklung des Waldes mit einer Ehrfurcht, die nur aus tiefem Verständnis erwachsen kann. Er sieht nicht nur Bäume, sondern ein komplexes, sich wandelndes Ökosystem mit Dutzenden von Baumarten auf kleinster Fläche. Diese Perspektive zu teilen, ist der unschätzbare Wert einer geführten Tour. Sie lohnt sich immer dann, wenn Ihr Ziel nicht nur das Wandern ist, sondern das wirkliche *Sehen* und *Verstehen*. Sie investieren nicht in einen Guide, sondern in die Augen und das Wissen eines Hüters des Waldes.

Manchmal ist der beste Weg, die Natur allein zu genießen, der, sie sich zuerst von jemandem zeigen zu lassen, der ihre Sprache spricht.

Warum der Pfälzerwald oft wilder ist als die überlaufenen Alpen

Wenn wir an Wildnis in Deutschland denken, erscheinen sofort die schroffen Gipfel der Alpen vor unserem inneren Auge. Doch diese Vorstellung ist Teil eines weitverbreiteten Missverständnisses. Die Alpen sind zwar spektakulär, aber ihre bekanntesten Regionen sind durch Seilbahnen, Hütten und markierte Wege stark erschlossen. Wahre, ungestörte Wildnis – im Sinne von großflächiger, vom Menschen kaum beeinflusster Natur – findet man oft an unerwarteten Orten. Der Pfälzerwald ist ein Paradebeispiel für dieses Wildnis-Paradoxon: ein Mittelgebirge, das eine tiefere und authentischere Wildniserfahrung bieten kann als viele hochalpine Hotspots.

Der entscheidende Faktor ist die schiere, ununterbrochene Fläche. Als Teil des grenzüberschreitenden Schutzgebiets bildet der Pfälzerwald das größte zusammenhängende Waldgebiet Westeuropas. Das UNESCO-Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen umfasst beeindruckende 3.000 km², eine riesige Fläche, die es der Natur erlaubt, nach ihren eigenen Regeln zu agieren. Anders als in den Alpen, wo Täler und Infrastruktur die Wildnis fragmentieren, kann man hier stundenlang wandern, ohne einer Siedlung oder einer großen Straße zu begegnen. Die sanften Hügel und tiefen Täler, bedeckt von einem dichten Blätterdach, erzeugen ein Gefühl der Abgeschiedenheit, das in den oft offeneren alpinen Landschaften seltener ist.

Das Herzstück dieser Wildnis sind die Kernzonen, in denen die Natur vollständig sich selbst überlassen wird. Die grenzüberschreitende Kernzone Adelsberg-Lutzelhardt ist ein einzigartiges Projekt in Europa. Hier gibt es bewusst weglose Gebiete mit absolutem Naturschutz, in denen die Prozesse von Werden und Vergehen ohne menschlichen Einfluss ablaufen. Sich in der Nähe solcher Zonen mit Karte und Kompass zu bewegen, bietet eine Erfahrung von Abenteuer und Einsamkeit, die in den perfekt ausgebauten Wegenetzen der Alpen kaum noch möglich ist. Es ist die subtile, aber tiefgreifende Wildnis des Waldes, die hier ihre wahre Stärke ausspielt.

Der Pfälzerwald beweist, dass man nicht in die Höhe steigen muss, um sich klein und von unberührter Natur umgeben zu fühlen.

Wo dürfen Sie in Deutschland biwakieren, ohne 500 € Bußgeld zu riskieren?

Die Vorstellung, unter dem Sternenhimmel im Wald einzuschlafen und von den ersten Sonnenstrahlen geweckt zu werden, ist der Inbegriff von Freiheit für viele Naturfreunde. Doch in Deutschland ist „wildes Campen“ in den meisten Wäldern und Naturschutzgebieten streng verboten, und Verstöße können mit hohen Bußgeldern geahndet werden. Dies ist jedoch kein Grund zur Resignation. Das Wissen um die rechtlichen Rahmenbedingungen – die Rechts-Kompetenz – ist nicht als Einschränkung zu sehen, sondern als Schlüssel, der die Tür zu legalen und ebenso magischen Übernachtungserlebnissen öffnet.

Anstatt die Regeln zu brechen, besteht die Kunst darin, die geschaffenen Alternativen zu nutzen. In einigen Regionen, wie dem Pfälzerwald, gibt es offizielle Trekkingplätze. Diese sind minimalistisch ausgestattet, oft nur mit einer kleinen Plattform für das Zelt und einer Feuerstelle, und liegen tief im Wald verborgen, weit abseits der Zivilisation. Sie bieten die perfekte Balance zwischen dem Gefühl des Wildcampens und der Einhaltung der Naturschutzgesetze. Die Nutzung dieser Plätze ist gegen eine geringe Gebühr und nach vorheriger Anmeldung möglich und schützt sowohl den Wanderer vor Strafen als auch die Natur vor unkontrolliertem Campieren.

Minimalistisches Trekkingcamp zwischen Bäumen in der Abenddämmerung

Das Bild eines solchen legalen Camps zeigt, dass man auf nichts verzichten muss. Die Abgeschiedenheit und die Nähe zur Natur sind absolut gegeben. Der entscheidende Unterschied ist der Respekt vor den Regeln, die dem Schutz des Ökosystems dienen. Generell gilt in Deutschland die Unterscheidung zwischen „Zelten“ und „Biwakieren“ (das ungeplante Übernachten ohne Zelt, z.B. im Schlafsack). Ein Notbiwak ist meist geduldet, aber das geplante Lagern ist eine Grauzone. Wer auf Nummer sicher gehen will, nutzt die ausgewiesenen Trekkingplätze oder informiert sich bei den lokalen Forstämtern über die spezifischen Regelungen in der jeweiligen Region.

So wird die Übernachtung im Freien nicht zum riskanten Abenteuer, sondern zu einem harmonischen und legalen Erlebnis.

Waldbaden (Shinrin Yoku): Warum senkt der deutsche Wald Ihren Cortisolspiegel?

In einer Welt, die von ständiger Erreichbarkeit und Reizüberflutung geprägt ist, bietet der Wald einen einzigartigen Gegenpol. Mehr als nur ein Ort für sportliche Aktivitäten, ist er ein Raum der Heilung. Das Konzept des „Waldbadens“ oder Shinrin Yoku aus Japan beschreibt genau dies: das bewusste Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes mit allen Sinnen. Es geht nicht darum, eine Strecke zurückzulegen, sondern darum, anzukommen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass diese Praxis nachweislich den Blutdruck senkt, das Immunsystem stärkt und vor allem den Spiegel des Stresshormons Cortisol reduziert.

Aber warum hat der deutsche Wald diese Wirkung? Die Antwort liegt in einer Kombination aus mehreren Faktoren. Die Luft im Wald ist reich an Phytonziden, bioaktiven Substanzen, die von Bäumen abgesondert werden, um sich vor Schädlingen zu schützen. Das Einatmen dieser Stoffe hat auf den menschlichen Organismus eine beruhigende und gesundheitsfördernde Wirkung. Hinzu kommen die visuellen und akustischen Reize: das fraktale Muster von Blättern und Ästen, das sanfte Rauschen des Windes und das Fehlen von abruptem, künstlichem Lärm. Diese Umgebung versetzt unser Nervensystem aus dem „Kampf- oder Fluchtmodus“ in einen Zustand der Entspannung und Regeneration.

Besonders die alten Buchenwälder Deutschlands, wie im Nationalpark Hainich, mit ihrer kathedralenartigen Struktur und dem gedämpften Licht, eignen sich hervorragend für diese Form der sensorischen Immersion. Sie müssen jedoch kein Experte sein, um die Vorteile zu nutzen. Schon wenige Minuten bewusster Wahrnehmung können einen Unterschied machen. Das Wichtigste ist, das Tempo zu drosseln und die Sinne zu öffnen.

Ihr Plan für eine kurze Auszeit: 10-Minuten-Waldbaden für Anfänger

  1. Suchen Sie einen ruhigen Waldplatz abseits der Hauptwege.
  2. Setzen Sie sich und schließen Sie die Augen für 2 Minuten.
  3. Konzentrieren Sie sich nur auf die Waldgeräusche (3 Min.).
  4. Öffnen Sie die Augen und beobachten Sie Lichtspiele im Blätterdach (2 Min.).
  5. Berühren Sie bewusst verschiedene Baumrinden (2 Min.).
  6. Atmen Sie tief den Waldduft ein und identifizieren Sie Gerüche (1 Min.).

Waldbaden ist die Erkenntnis, dass der Wald nicht nur eine Kulisse ist, sondern ein aktiver Partner für unser Wohlbefinden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Echte Stille finden Sie nicht durch Zufall, sondern durch das gezielte Nutzen unkonventioneller Zeitfenster und das Wissen um die Rhythmen der Natur.
  • Respekt ist der Schlüssel: Das strikte „Leave No Trace“-Prinzip und das Verständnis für legale Rahmenbedingungen (z.B. Trekkingplätze statt Wildcampen) schützen die Natur und ermöglichen exklusive Erlebnisse.
  • Die Intensität des Wildnisgefühls hängt von der Wahrnehmung ab. Techniken wie Waldbaden oder eine geplante Nachtwanderung können bekannte Orte in neue, abenteuerliche Welten verwandeln.

Wie erleben Sie echte Wildnis am Wochenende direkt vor Ihrer Haustür?

Die größte Entdeckung auf dem Weg zur Stille ist oft die Erkenntnis, dass wir nicht weit reisen müssen, um sie zu finden. Das Konzept der „Mikro-Expedition“ revolutioniert unsere Vorstellung von Abenteuer. Es geht darum, die Wildnis zu entdecken, die direkt vor unserer Haustür liegt – in den stadtnahen Wäldern, die wir oft nur als Kulisse für einen Sonntagsspaziergang wahrnehmen. Der Pfälzerwald, als größtes zusammenhängendes Waldgebiet Deutschlands, ist ein perfektes Beispiel. Für viele Menschen ist er in kurzer Zeit erreichbar und bietet dennoch ein enormes Potenzial für echte Wildniserfahrungen, wenn man bereit ist, die ausgetretenen Pfade zu verlassen.

Eine Mikro-Expedition könnte bedeuten, eine bekannte Route bei Nacht zu gehen. Die Dunkelheit verändert alles: Die visuelle Orientierung weicht der Konzentration auf Gehör und Geruch, vertraute Wege werden zu unbekanntem Terrain, und die Wahrscheinlichkeit, nachtaktive Tiere zu Gesicht zu bekommen, steigt enorm. Plötzlich wird ein gewöhnlicher Wald zum Schauplatz eines intensiven sensorischen Erlebnisses. Ausgestattet mit Stirnlampe, Kompass und dem nötigen Respekt verwandelt sich eine einfache Wanderung in ein echtes Abenteuer. Die Wildnis ist hier keine Frage der Entfernung, sondern der Perspektive und der Bereitschaft, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Der Vergleich zwischen einer Tag- und einer Nachtwanderung im selben Gebiet macht diesen Unterschied deutlich. Was tagsüber als moderates Naturerlebnis empfunden wird, kann nachts zu einem Gefühl intensiver Wildnis und Abgeschiedenheit anwachsen.

Wildnis-Faktoren: Tag vs. Nacht im bekannten Gebiet
Faktor Tagwanderung Nachtwanderung
Orientierung Einfach, visuelle Landmarken Herausfordernd, GPS/Kompass nötig
Tierbegegnungen Selten, meist Vögel Häufiger, nachtaktive Tiere
Sinneswahrnehmung Visuell dominiert Gehör und Geruch verstärkt
Wildnisgefühl Moderat Intensiv

Um die Wildnis vor der eigenen Haustür zu entdecken, ist es entscheidend, die eigene Wahrnehmung zu schärfen und die Perspektive zu wechseln.

Beginnen Sie noch heute damit, diese Denkweise anzuwenden und Ihre nächste Wanderung in ein echtes Naturerlebnis zu verwandeln, indem Sie die bekannten Regeln brechen und die tieferen Gesetze der Natur befolgen.

Häufig gestellte Fragen zu Wie entdecken Sie die Sächsische Schweiz oder den Bayerischen Wald ohne Touristenströme?

Wo ist Zelten im Pfälzerwald erlaubt?

Das Zelten ist ausschließlich auf den dafür zugelassenen Plätzen gestattet. Dazu gehören offizielle Campingplätze sowie spezielle Trekkingplätze, die gegen eine geringe Gebühr genutzt werden können. Für alle diese Plätze ist eine vorherige Anmeldung zwingend erforderlich.

Was ist die rechtliche Grundlage des Verbots?

Laut § 7 der Naturparkverordnung für den Naturpark Pfälzerwald ist es verboten, außerhalb der explizit zugelassenen Plätze wild zu lagern oder zu zelten. Diese Regelung dient dem Schutz des sensiblen Ökosystems.

Sind Lagerfeuer erlaubt?

Nein, im gesamten Pfälzerwald herrscht wegen der hohen Waldbrandgefahr ein grundsätzliches Verbot für offenes Feuer. Eine Ausnahme bilden die dafür eingerichteten und gesicherten Feuerstellen auf den offiziellen Trekkingplätzen.

Geschrieben von Hannah Fischer, Geoökologin und Outdoor-Guide für nachhaltigen Tourismus in der DACH-Region. Sie ist Expertin für Wandern, Ausrüstungstechnologie und Naturerlebnisse abseits des Massentourismus.