Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Der erfolgreiche Eintritt in asiatische Märkte jenseits von China hängt nicht von Glück ab, sondern von der präzisen Steuerung operativer Risiken.

  • Kulturelle Unterschiede erfordern eine Anpassung der Kommunikation und des Zeitmanagements, weg von der deutschen Direktheit.
  • Finanzielle Sicherheit wird durch bestätigte Akkreditive gewährleistet, die das Zahlungsrisiko minimieren.
  • Rechtliche Compliance, insbesondere durch das deutsche Lieferkettengesetz, ist für die Auswahl und Überprüfung von Zulieferern unerlässlich.

Empfehlung: Führen Sie vor dem Markteintritt eine detaillierte Risikoanalyse für jeden Zielmarkt durch, die kulturelle, finanzielle und rechtliche Aspekte abdeckt, anstatt sich nur auf Marktpotenziale zu konzentrieren.

Für viele deutsche Mittelständler war China lange Zeit der Wachstumsmotor schlechthin. Doch zunehmende geopolitische Spannungen, regulatorische Unwägbarkeiten und ein wachsender Wettbewerb zwingen immer mehr Exportleiter zum Umdenken. Der strategische Blick richtet sich verstärkt auf die dynamischen Märkte Südostasiens wie Vietnam, Indien oder Indonesien. Die Versuchung ist groß, bestehende China-Strategien einfach auf diese neuen Ziele zu übertragen – ein fataler Fehler.

Viele Unternehmen glauben, der Schlüssel zum Erfolg liege allein darin, den richtigen lokalen Vertriebspartner zu finden. Doch die wahre Herausforderung liegt tiefer. Es geht nicht darum, Risiken wie in China einfach zu vermeiden, sondern darum, die völlig neuen operativen Risiken dieser vielfältigen Märkte aktiv zu managen. Wer die kulturellen Codes ignoriert, die Zahlungssicherung vernachlässigt oder die rechtlichen Rahmenbedingungen wie das Lieferkettengesetz unterschätzt, riskiert nicht nur den finanziellen Misserfolg, sondern auch empfindliche rechtliche Konsequenzen.

Doch was, wenn der Schlüssel zum Erfolg nicht die Vermeidung von Risiken, sondern deren präzise Steuerung ist? Dieser Artikel ist kein allgemeiner Reiseführer für Asien. Er ist ein praxisorientierter Leitfaden für Exportleiter, der die kritischen Fallstricke aufzeigt und konkrete, umsetzbare Lösungen bietet. Wir tauchen tief in die Mechanismen ein, die wirklich über Erfolg oder Scheitern entscheiden – von der interkulturellen Verhandlungsführung über die rechtssichere Lieferantenprüfung bis hin zur intelligenten Kostenkontrolle in der Logistik.

Der folgende Leitfaden ist in acht Kernbereiche unterteilt, die jeweils ein spezifisches operatives Risiko im Asiengeschäft beleuchten. Lesen Sie, wie Sie Ihre Exportstrategie robust und zukunftssicher gestalten.

Warum scheitern deutsche „Direktheit“ und Zeitpläne in Indien oder Vietnam?

Deutsche Effizienz, geprägt von Direktheit und strikter Einhaltung von Zeitplänen, wird weltweit geschätzt. In vielen asiatischen Kulturen, insbesondere in Indien oder Vietnam, kann dieser Ansatz jedoch als unhöflich oder gar aggressiv empfunden werden und zu erheblichen kulturellen Reibungen führen. Geschäftsbeziehungen basieren hier weniger auf Verträgen und mehr auf persönlichem Vertrauen, das über längere Zeit aufgebaut wird. Ein „Nein“ wird selten direkt ausgesprochen; stattdessen werden ausweichende Formulierungen wie „wir werden sehen“ oder „das ist schwierig“ verwendet. Ein deutscher Manager, der auf eine klare Ja/Nein-Antwort pocht, bringt seinen Partner in Verlegenheit und beschädigt die Beziehung.

Ebenso ist das Zeitverständnis oft fluider. Fristen werden als Richtwerte und nicht als in Stein gemeißelte Deadlines gesehen. Dies ist kein Zeichen von Respektlosigkeit, sondern spiegelt eine andere Prioritätensetzung wider, bei der die Harmonie der Beziehung über der pünktlichen Erledigung einer Aufgabe stehen kann. Erfolgreiche Unternehmen investieren daher massiv in die interkulturelle Schulung ihrer entsandten Mitarbeiter und befähigen gleichzeitig das lokale Personal, die deutsche Unternehmensphilosophie zu verstehen und zu übersetzen.

Nahaufnahme von asiatischen und deutschen Händen beim respektvollen Austausch von Dokumenten

Wie das Bild andeutet, geht es um einen respektvollen Austausch auf Augenhöhe. Anstatt Prozesse und Zeitpläne durchzusetzen, ist es entscheidend, zuzuhören, Flexibilität zu zeigen und auf indirekte Signale zu achten. Der Aufbau eines Netzwerks und das Verständnis für Hierarchien und nonverbale Kommunikation sind oft wichtiger als der perfekt ausgearbeitete Projektplan. Ein deutsches Chemieunternehmen hat dies früh erkannt und bereits vor Jahrzehnten den chinesischen Markt erfolgreich durch ein Netzwerk lokaler Händler erschlossen, die als kulturelle Vermittler agierten.

Letter of Credit: Wie garantieren Sie, dass das Geld fließt, wenn die Ware den Hafen verlässt?

Der Eintritt in neue, unbekannte Märkte bringt ein signifikantes finanzielles Risiko mit sich: Was passiert, wenn der Käufer nach Versand der Ware nicht zahlt? Für den deutschen Mittelstand, der auf stabile Cashflows angewiesen ist, ist dies eine existenzielle Frage. Die Lösung für dieses Problem ist ein bewährtes Instrument des internationalen Handels: das Dokumentenakkreditiv, auch bekannt als Letter of Credit (L/C). Es fungiert als abstraktes Zahlungsversprechen einer Bank und verlagert das Risiko vom Käufer auf ein Finanzinstitut.

Im Kern funktioniert es so: Der Importeur beauftragt seine Bank, ein Akkreditiv zugunsten des Exporteurs zu eröffnen. Die Bank des Importeurs (eröffnende Bank) verpflichtet sich, bei Vorlage bestimmter, exakt definierter Dokumente (z.B. Frachtpapiere, Versicherungszertifikat, Handelsrechnung) die Zahlung zu leisten. Der Exporteur versendet die Ware erst, nachdem er die Zusage der Bank erhalten hat. Sobald er die konformen Dokumente bei seiner Hausbank (avisierende Bank) einreicht, erhält er sein Geld – unabhängig davon, ob der Käufer in diesem Moment zahlen kann oder will.

Die entscheidende Wahl liegt in der Art des Akkreditivs. Für neue Geschäftsbeziehungen in politisch oder wirtschaftlich weniger stabilen Regionen ist ein bestätigtes, unwiderrufliches Akkreditiv die sicherste Option. Hierbei gibt nicht nur die Bank des Käufers ein Zahlungsversprechen, sondern zusätzlich auch die Bank des Exporteurs (oder eine andere internationale Großbank). Dadurch wird das Länderrisiko und das Bonitätsrisiko der ausländischen Bank eliminiert.

Der folgende Vergleich zeigt die gängigsten Akkreditiv-Arten und ihre Eignung für das Asiengeschäft:

Vergleich der wichtigsten Akkreditiv-Arten für Asiengeschäfte
Akkreditiv-Art Sicherheitsstufe Kosten Empfohlen für
Unwiderrufliches Akkreditiv Mittel Standard Etablierte Geschäftsbeziehungen
Bestätigtes Akkreditiv Hoch Erhöht Neue Partner, instabile Länder
Übertragbares Akkreditiv Mittel Standard+ Handelsgeschäfte mit Zwischenhändlern
Revolvierendes Akkreditiv Mittel Reduziert bei Mehrfachnutzung Regelmäßige Lieferungen

Das Lieferkettengesetz: Wie prüfen Sie Zulieferer in Vietnam rechtssicher?

Die Diversifizierung nach Südostasien ist nicht nur eine kommerzielle, sondern auch eine rechtliche Herausforderung. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen, Menschenrechts- und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Lieferkette sicherzustellen. Diese Verantwortung endet nicht an den EU-Außengrenzen. Ein neuer Lieferant in Vietnam oder Indien muss genauso sorgfältig geprüft werden wie ein Zulieferer aus Osteuropa. Verstöße können zu hohen Bußgeldern und einem erheblichen Reputationsschaden führen.

Die gute Nachricht ist, dass das LkSG keine Garantie für eine perfekte, risikofreie Lieferkette verlangt, sondern eine „Bemühenspflicht“. Unternehmen müssen nachweisen, dass sie ein angemessenes Risikomanagement implementiert haben. Dies beginnt mit einer gründlichen Risikoanalyse. Welche potenziellen Risiken (z.B. Kinderarbeit, unsichere Arbeitsbedingungen, umweltschädliche Produktionsprozesse) bestehen bei diesem spezifischen Lieferanten in dieser Region? Die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Standards trifft nicht mehr nur Großkonzerne; seit 2024 gilt das Gesetz auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern, was einen großen Teil des exportorientierten Mittelstands einschließt.

Um die erforderliche Transparenz zu schaffen und die Compliance sicherzustellen, sind moderne IT-Systeme unerlässlich. Cloud-basierte ERP-Lösungen ermöglichen es, Daten über die gesamte Lieferkette in Echtzeit zu sammeln und zu analysieren. Sie helfen, Lieferanten zu bewerten, Risiken zu priorisieren und Präventionsmaßnahmen zu dokumentieren. Diese digitale Dokumentation ist im Falle einer Prüfung durch das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) von entscheidender Bedeutung.

Aktionsplan: LkSG-Compliance für neue Asien-Lieferanten sicherstellen

  1. Risikoanalyse durchführen: Analysieren Sie potenzielle Risiken in Bezug auf Menschenrechte und Umweltstandards für den spezifischen Lieferanten und das Land. Erstellen Sie eine Prioritätenliste der größten Risiken.
  2. Lieferanten-Audits planen: Führen Sie vor Ort oder durch zertifizierte Dritte Audits durch. Überprüfen Sie Arbeitsbedingungen, Sicherheitsstandards und Umweltauflagen. Fordern Sie relevante Zertifikate an.
  3. Vertragliche Klauseln verankern: Integrieren Sie die Einhaltung der LkSG-Standards als verbindliche Klausel in Ihre Lieferverträge. Vereinbaren Sie Kündigungsrechte bei schwerwiegenden Verstößen.
  4. Präventions- und Abhilfemaßnahmen definieren: Entwickeln Sie konkrete Maßnahmen zur Risikominimierung (z.B. Schulungen für Lieferanten) und einen klaren Prozess für den Fall, dass ein Verstoß festgestellt wird.
  5. Dokumentation sicherstellen: Dokumentieren Sie alle Schritte – von der Risikoanalyse über die Audits bis hin zu den ergriffenen Maßnahmen – lückenlos in einem zentralen System.

Handelsvertreter oder eigene Niederlassung: Was funktioniert in Südostasien besser?

Die strategische Entscheidung zwischen einem lokalen Handelsvertreter und der Gründung einer eigenen Niederlassung ist eine der folgenreichsten beim Markteintritt. Beide Modelle haben Vor- und Nachteile, die im Kontext der südostasiatischen Märkte sorgfältig abgewogen werden müssen. Der Handelsvertreter bietet einen schnellen und kostengünstigen Marktzugang. Er verfügt über ein bestehendes Netzwerk und kennt die lokalen Gepflogenheiten. Allerdings gibt der deutsche Mittelständler dabei einen Großteil der Kontrolle über Markenauftritt, Preisgestaltung und Kundenbeziehung ab.

Eine eigene Niederlassung bietet maximale Kontrolle und ermöglicht den Aufbau einer direkten Kundenbeziehung. Dies ist besonders wichtig für technisch anspruchsvolle Produkte, die eine intensive Beratung und After-Sales-Service erfordern. Der Nachteil sind die hohen Anfangsinvestitionen und der erhebliche administrative Aufwand. Angesichts dieser Hürden ist es nicht verwunderlich, dass laut einer aktuellen Studie nicht mehr als 3,8 % aller deutschen Mittelständler in den kommenden Jahren Auslandsinvestitionen planen.

Eine bewährte Zwischenlösung ist die „Hub-Strategie“. Viele deutsche Unternehmen nutzen einen wirtschaftlich und politisch stabilen Standort wie Singapur als Sprungbrett für die gesamte Region.

Fallbeispiel: Singapur als strategischer Hub für den deutschen Mittelstand

Unternehmen wie Mann+Hummel, Pepperl+Fuchs und Festo haben Singapur als strategisches Zentrum für ihre Asien-Pazifik-Aktivitäten etabliert. Von hier aus steuern sie Vertrieb, Logistik und oft auch die lokale Produktion für die umliegenden Märkte. Josef Parzhuber, CEO von Mann+Hummel Asia Pacific, bezeichnet Singapur als „Brücke in die südostasiatischen Länder“. Dieser Ansatz kombiniert die Vorteile einer eigenen Präsenz (Kontrolle, Markenaufbau) mit einer Risikominimierung, da man von einer stabilen Basis aus agiert, bevor man in komplexere Märkte wie Indonesien oder Vietnam vordringt.

Weitwinkelaufnahme eines modernen Bürogebäudes in Singapur mit deutscher und lokaler Flagge

Die Entscheidung hängt letztlich von der eigenen Risikobereitschaft, dem Produkt und der langfristigen Strategie ab. Eine anfängliche Zusammenarbeit mit einem Handelsvertreter kann sinnvoll sein, um den Markt zu testen, sollte aber von Anfang an die Option einer späteren Umwandlung in eine eigene Niederlassung vorsehen.

Wie verhindern Sie, dass Ihr Markenname in China schon registriert ist, bevor Sie ankommen?

Das Problem des Markendiebstahls ist in China besonders ausgeprägt, aber keineswegs auf das Reich der Mitte beschränkt. Auch in anderen asiatischen Ländern gilt oft das „First-to-File“-Prinzip: Wer eine Marke zuerst anmeldet, dem gehört sie – unabhängig davon, wer sie zuerst benutzt hat. Skrupellose Akteure beobachten westliche Märkte, identifizieren aufstrebende Marken und registrieren sie präventiv in ihrem Heimatland. Wenn das deutsche Unternehmen dann expandieren will, steht es vor der Wahl: entweder eine horrende Summe für den Rückkauf der eigenen Marke zahlen oder unter einem neuen Namen firmieren, was katastrophale Folgen für das Marketing hat.

Die Angst vor dem Diebstahl geistigen Eigentums ist ein zentrales Hemmnis für viele Unternehmen. Wie B2B International Research feststellt, ist dies einer der Hauptgründe für die Zurückhaltung westlicher Firmen.

Einer der Hauptgründe, die viele westliche Unternehmen davon abhalten in den chinesischen Markt einzutreten ist die Befürchtung, dass ihre Betriebsgeheimnisse gestohlen und kopiert werden könnten. Als vergleichsweise junge Industrienation sind die Richtlinien zum Schutz des geistigen Eigentums in China noch nicht so stark ausgebaut wie in westlichen Industrienationen.

– B2B International Research, Geschäftserfolg im Reich der Mitte

Der Unterschied im Schutzniveau ist signifikant. Eine Bewertung des U.S. Chamber International IP Index zeigt dies deutlich, bei der China nur 19,08 von 40 Punkten erreicht, während Deutschland bei 36,54 Punkten liegt. Die einzige wirksame Strategie ist daher proaktives Handeln. Noch bevor Sie den ersten Vertriebs-Call in einem neuen asiatischen Markt tätigen, sollten Sie Ihren Markennamen und wichtige Produktnamen dort registrieren. Dies gilt auch für die Schreibweise in der lokalen Schrift und Sprache. Die Kosten für eine solche präventive Markenanmeldung sind verschwindend gering im Vergleich zu den potenziellen Schäden und Kosten eines Rechtsstreits.

Warum Papier-Zertifikate im globalen Handel heute wertlos sind

In einer Welt, die sich rasant digitalisiert, wirken papierbasierte Prozesse im Außenhandel wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Ein Ursprungszeugnis, eine Konformitätserklärung oder ein Analysezertifikat auf Papier ist langsam, fälschungsanfällig und ineffizient. Der physische Transport von Dokumenten über Kontinente hinweg kostet Zeit und Geld und birgt das Risiko von Verlust oder Beschädigung. Noch schlimmer: Ein clever gefälschtes Dokument kann dazu führen, dass eine Bank im Rahmen eines Akkreditivs eine Zahlung für minderwertige oder gar nicht existente Ware leistet.

Die operative Präzision des digitalen Zeitalters verlangt nach verifizierbaren, fälschungssicheren und sofort verfügbaren Daten. Digitale Zertifikate, oft auf Basis von Blockchain-Technologie oder gesicherten Plattformen, bieten genau das. Sie ermöglichen eine lückenlose Rückverfolgbarkeit und eine eindeutige Authentifizierung. Der Zoll in Hamburg kann in Sekundenschnelle die Gültigkeit eines digitalen Zertifikats überprüfen, das von einer Behörde in Vietnam ausgestellt wurde. Dies beschleunigt die Abfertigung erheblich und reduziert das Risiko von Betrug.

Die deutsche Regierung hat diesen Trend erkannt und fördert aktiv die Digitalisierung von Exportprozessen. Initiativen wie das „Markterschließungsprogramm für KMU“, das operativ von Germany Trade & Invest (GTAI) gesteuert und administrativ vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abgewickelt wird, zielen darauf ab, digitale Lösungen zu etablieren. Diese Programme fungieren als Bindeglied zwischen Ministerien und der Wirtschaft, um die Umstellung auf digitale Dokumente zu beschleunigen. Für exportorientierte Mittelständler bedeutet dies: Wer heute noch auf Papier setzt, verliert nicht nur an Effizienz, sondern auch an Glaubwürdigkeit und Sicherheit.

Die Fehler bei der Ausfuhranmeldung, die Ihren LKW 3 Tage an der Grenze festhalten

Die physische Ware mag perfekt verpackt sein, doch wenn die begleitenden Dokumente fehlerhaft sind, bewegt sich nichts. Eine falsche Zolltarifnummer, ein Tippfehler im Namen des Empfängers oder eine inkonsistente Warenbeschreibung können eine Sendung tagelang im Zoll blockieren. Diese Verzögerungen kosten nicht nur Geld, sondern zerstören auch das Vertrauen des Kunden. Im Asiengeschäft, wo Logistik und Zoll ohnehin schon komplex sind, potenzieren sich die Auswirkungen solcher Fehler. Eine aktuelle Umfrage aus dem Jahr 2024 zeigt, dass die Kommunikation (50,7 %) und die Lieferzeiten inklusive Zoll und Logistik (42,8 %) zu den größten Herausforderungen bei der Beschaffung aus Asien gehören.

Ein häufiger Fehler ist die mangelnde Übereinstimmung zwischen Kaufvertrag, Akkreditiv-Bedingungen und den erstellten Dokumenten. Fordert das Akkreditiv beispielsweise einen Seefrachtbrief (Bill of Lading), wird aber ein Luftfrachtbrief (Air Waybill) eingereicht, wird die Bank die Zahlung verweigern. Ein einziger solcher Fehler im Dokument kann die gesamte Transaktion blockieren. Die sogenannte Dokumentenkonformität ist daher das A und O im Akkreditivgeschäft.

Die häufigsten Fehlerquellen sind:

  • Falsche Warenklassifizierung: Die Angabe einer inkorrekten Zolltarifnummer (HS-Code) ist einer der häufigsten und teuersten Fehler.
  • Inkonsistente Angaben: Die Warenbeschreibung, das Gewicht oder die Anzahl der Packstücke müssen auf allen Dokumenten (Rechnung, Packliste, Frachtbrief) absolut identisch sein.
  • Fehlende Lizenzen oder Zertifikate: Für bestimmte Waren sind spezielle Einfuhrgenehmigungen oder Konformitätszertifikate erforderlich. Fehlen diese, wird die Ware nicht freigegeben.

Die Lösung liegt in der Standardisierung und Digitalisierung der Prozesserstellung sowie in einer Vier-Augen-Prüfung aller Dokumente vor dem Versand. Spezialisierte Zollagenten oder digitale Plattformen können helfen, diese Fehlerquellen zu minimieren und die operative Präzision zu gewährleisten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Expansion nach Asien erfordert eine Verlagerung des Fokus von reiner Marktchance hin zu aktivem Risikomanagement.
  • Kulturelle Anpassung, rechtssichere Lieferketten (LkSG) und die Absicherung von Zahlungen (Akkreditiv) sind die drei Säulen einer erfolgreichen Strategie.
  • Proaktives Handeln, wie die frühzeitige Markenanmeldung und die Digitalisierung von Dokumenten, ist entscheidend, um kostspielige Fehler zu vermeiden.

Wie senken Sie die Zustellkosten um 20% trotz steigender Dieselpreise und Personalmangel?

Die Logistikkosten sind ein wesentlicher Faktor in der Kalkulation jedes Exportgeschäfts. Steigende Energiepreise und der globale Mangel an Fachkräften treiben die Kosten weiter in die Höhe. Doch während diese Faktoren kaum zu beeinflussen sind, gibt es einen Hebel, den jeder Exportleiter in der Hand hat: die Wahl der richtigen Incoterms®. Diese internationalen Handelsklauseln definieren exakt, an welchem Punkt die Kosten und das Risiko für eine Lieferung vom Verkäufer auf den Käufer übergehen.

Viele deutsche Exporteure bevorzugen traditionell Klauseln wie EXW (Ex Works), bei denen ihre Verantwortung endet, sobald die Ware das eigene Werkstor verlässt. Dies scheint auf den ersten Blick einfach, gibt aber die gesamte Kontrolle über die Transportkette – und damit über die Kosten und die Qualität – aus der Hand. Der Käufer beauftragt einen ihm bekannten Spediteur, der möglicherweise nicht die kostengünstigste oder zuverlässigste Option für den Transport nach Deutschland ist. Genau hier liegt ein enormes Einsparpotenzial. Durch die Wahl von Incoterms wie FCA (Free Carrier) oder FOB (Free on Board) behält der Exporteur die Kontrolle über den Haupttransport und kann durch die Bündelung von Volumen und die Wahl eigener, bewährter Logistikpartner die Kosten signifikant senken. Einsparpotenziale von 20% sind hier keine Seltenheit. Analysen zeigen, dass Indien und die ASEAN-Region an der Spitze der globalen Wachstumskarte stehen, was die Optimierung der Logistik dorthin umso wichtiger macht.

Die richtige Wahl des Incoterms ist eine strategische Entscheidung, die Kosten, Risiko und Kontrolle ausbalanciert.

Incoterms-Vergleich für Kosteneinsparung im Asienhandel
Incoterm Kostenkontrolle Exporteur Risikotransfer Empfehlung Asienhandel
EXW Minimal Sofort ab Werk Nicht empfohlen
FCA Hoch Bei Übergabe Spediteur Sehr empfohlen
FOB Mittel An Bord Schiff Standard Seetransport
CIF Niedrig An Bord + Versicherung Für neue Kunden

Eine intelligente Incoterms-Strategie ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Anstatt die Logistik als reinen Kostenblock zu sehen, wird sie zu einem Instrument der strategischen Kostenkontrolle und Qualitätssicherung. So sichern Sie sich nicht nur einen Preisvorteil, sondern garantieren auch eine zuverlässige und pünktliche Lieferung an Ihre Kunden.

Die Verlagerung von Handelsströmen ist eine unternehmerische Mammutaufgabe, aber sie ist machbar. Der Schlüssel liegt darin, die neuen Märkte nicht als homogenen „Asien“-Block zu betrachten, sondern die spezifischen operativen Risiken jedes einzelnen Landes zu analysieren und zu steuern. Für eine detaillierte Analyse Ihrer individuellen Situation und die Entwicklung einer maßgeschneiderten Exportstrategie ist eine professionelle Beratung der nächste logische Schritt.

Häufig gestellte Fragen zum Export nach Asien

Stimmen Lieferklauseln immer mit dem Vertrag überein?

Nicht immer, und das ist eine häufige Fehlerquelle. Passt der verlangte Frachtbrief zum vereinbarten Transportmittel? Wird ein Versicherungszertifikat verlangt, obwohl vertraglich vereinbart wurde, dass der Empfänger die Transportversicherung übernimmt? Solche Abweichungen können die Zahlung blockieren und müssen vorab sorgfältig geprüft werden.

Was ist der größte Fehler bei der Dokumentenprüfung?

Der größte Fehler ist mangelnde Sorgfalt unter Zeitdruck. Ein einziger Fehler, sei es ein Tippfehler im Namen oder eine falsche Warennummer, kann die gesamte Zahlung im Rahmen eines Akkreditivs blockieren. Die Annahme „das wird schon passen“ ist im internationalen Handel extrem kostspielig.

Geschrieben von Dr. Markus Weber, Senior-Unternehmensberater und Finanzexperte für den deutschen Mittelstand mit Schwerpunkt auf Nachfolgeregelung und Investitionsstrategien. Seit über 18 Jahren begleitet er Familienunternehmen durch Krisen, Transformationen und Generationswechsel.